22.12.05

Feurige Debatte in Frankreich zu EUCD

Es geht heiss her in der französischen Nationalversammlung. Wirklich beeindruckend ist aber die Geschwindigkeit mit der Protokolle öffentlich gemacht werden.

26.11.05

Oh Oh XML

Das neue Office Format von Microsoft und das ODT Format von Oasis vergleicht dieser Groklaw-Artikel. Oh oh, XML. Beide Formate basieren auf der extensible markup language (XML). Aber es gibt wohl solches und solches XML. Da erinnere ich doch noch einmal eben an den Draft Primer der UNO zu Offenen Standards und die interessanten Kommentare.

25.11.05

Weiche Lojban!

Die Sprache Lojban hat doch tatsächlich Fans und Advokaten.

Kommentar von der UN veröffentlicht

Jetzt ist auch unser Kommentar zum Open Standards Draft Primer von der UNDP-APDIP veröffentlicht worden. Das war eine Art Privatprojekt von Gavin und mir.

Eine Wiki-Perle jetzt auch für Windows

Es gibt manche Sachen, die einfach begeistern. Dazu gehört aus meiner Sicht die "Moinmoin Desktop Edition" für Windows. Einfach ausführen und unter http://localhost:8080/ sein Wiki editieren. Eine echte Killerapp für Windows. Unter Linux geht es ja sowieso. Moinmoin braucht Python. Moinmoin-Desktop nicht. Möglich war dieser Einsatz zwar schon immer, aber jetzt wird es einfach für einen Windowsnutzer sein lokales Wiki auf einer Windowskiste zu pflegen.

5.11.05

Klappern gehört zum Handwerk

Gavin signiert jetzt seine Mails mit

Winner CNET Outstanding Contribution to Software Development 2005

So sehr auch ich mich gelassen über die Auszeichnung freue, glaube ich doch nicht, dass ich da mitmachen werde. Ich bin der Meinung, man sollte endlich mal wieder Orden einführen. Da hat man jedenfalls etwas konkretes, was man sich auf die Brust heften kann und in Krisenzeiten auf dem Flohmarkt verkaufen.

4.11.05

Tschüss "Internet Governance"

Intersessional negotiation work 24-28 October 2005 Language suggestions concerning
the coordination of the Implementation and Follow-Up process.
Friday 28 October 2005


According to the draft oral report of the rapporteur of Commission V (17 October 2005), the paragraph 22.6 related to Internet Governance was deleted.


So einfach geht das.

24.10.05

Pierer

Was Pierer im Ausland so erzählt...

18.10.05

Wie Ebay den Rupert Murdoch verkauft

Medienmogul Rupert Murdoch versteigert ein Essen mit ihm für einen guten Zweck bei Ebay. Erinnert mich an irgendwie an den geschäftstüchtigen Tom Sawyer.

Infotrucker

Es ist immer wieder schön zufällig auf bekannte Gesichter im Netz zu stossen. Diesmal meine ehemalige Mitbewohnerin Maria Buß als Infotruckerin in Sachen EU-Verfassung auf der Seite einer grünen Abgeordneten.

10.10.05

US-Haarpatent

A method of styling hair to cover partial baldness using only the hair on a person's head. The hair styling requires dividing a person's hair into three sections and carefully folding one section over another.

Kleinwächter erwacht

Wolfgang Kleinwächter ist nun erwacht: "Gipfel der Worthülsen". Ähnliche Nachrufe hört man auch in anderen Teilen der Zivilgesellschaft, vom Scheitern ist die Rede. Habe ich doch immer gesagt.

7.10.05

Cicero auf Juristenjagd

In dem konservativen Magazin Cicero merkt Nils aus dem Moore die Juristendominanz an und sucht tief in der Mottenkiste der politischen Theorie nach Erleuchtung:

Im Abschnitt über die „Auslese der Führerschaft“ erkennt Weber, dass nicht das ethische Profil über den Einzug ins Kabinett entscheidet, sondern die „Macht der demagogischen Rede“.


"Geht wählen und zwar die Juristen".

In einer vom Spiegel vorgestellten Liste der Kabinettsanwärter in einer großen Koalition erreicht die Union eine Juristenquote von 64 Prozent...

5.10.05

Logos OpenSource

Ich bin ein echter Freak in Sachen Übersetzungstechnologie. Logos wird bald Open Source.

Saudi

Die saudische Regierung setzt ganz Blogger.com auf ihre schwarze Liste, die zu blockieren ist. Und ich dachte Blogging sei harmlos.

4.10.05

Maueröffnung auf dem Mars

Keine Öffnung in der Mauer. Sondern DIE "Maueröffnung" auf dem Mars. Na ja, auch nicht ganz.

Kleinwächter über WSIG

Wolfgang Kleinwächter schreibt über einen Konflikt zwischen EU und US in Beziehung zu Internet-Governance. Was er freilich unterschlägt ist, dass seine eigenen Mannen die UNO zur Internet-Regulierung ins Boot holen wollten. Kein Wunder, dass die Amerikaner das ablehnen. Und das ist auch gut so. Das nun zum EU-US Konflikt hochzustilisieren, ist unangebracht. Es geht um nationalen Pragmatismus vs. internationale Diplomatie und überbordende Bürokratie.

Bastelei macht Aufnahmen kputt.

Benjamin aus Belgien teilte mir gestern mit, dass wichtige Aufnahmen gelöscht wurden, auf deren Upload ich seit Wochen warte. Erst war das Problem, dass er ein USB-Kabel für den Player verloren hatte, und jetzt wurden sie zufällig gelöscht. Der Grund: Benjamin wollte Linux auf eine XBox (Spielkonsole von Microsoft) aufspielen und irgendwas ging schief. Und natürlich keine Backups. Das muss und will ich nicht verstehen. Manchmal ist der Unglücksfall eine gute Lösung um sich von altem Datenmüll zu trennen - aber das ist wirklich ein Verlust. Schade.

2.10.05

Bericht von der WIPO

Teresa und andere haben einen Bericht geschrieben. Offensichtlich gewinnt die Development Agenda immer mehr Zuspruch. Seltsam ist das Eingreifen der EPO-Delegation.

Huch

In Hamburg gibt es eine "Restzeitampel".

Xena beisst Pluto

Xena, der neue Vielleicht-Planet, ein Kuiper Belt Objekt, hat einen eigenen Mond. Xena, der vielleicht Planet, also demnächst 10 Planeten? Warum nicht 8? sagen andere und entplanetarisieren den armen Pluto. Der Grund: Es gibt neben den Planeten eine ganze Menge Objekte, vielleicht 100 000 oder mehr am Rande unseres Sonnensystems.

Wollen wir wirklich in einem Sonnensystem mit fünfzig oder hundert Planeten leben? Deren Namen auch kein astronomisch Interessierter mehr alle parat hat?


Warum eigentlich nicht?

30.9.05

Bianca: Handgranate beim Seniorentanztee

[Struve vom ZDF] wäre es ja auch lieber, wenn er sein Nachmittagsprogramm mit einer dreistündigen Bildungsbürger-Service-Show bestücken könnte. Warum tut er es also nicht? ... Weil nichts funktionierte, bis die Mainzer ihre "Bianca" auffuhren, die einschlug wie eine Handgranate beim Senioren-Tanztee.

Broadcast Treaty

In Genf habe ich eine Menge Leute gefunden, die in Sachen WIPO Austrahlungsvertrag lobbyieren. Die EFF hat meiner Erinnerung nach 150 000 Eur für Lobbyingaktivitäten erhalten. Dazu gibt es auch eine Seite.

Eolas für Kelten

Eolas heisst auf keltisch die Wissensgottheit, die mit folgendem Spruch in Verbindung gebracht wird:

I reach into the air, the knowledge is there, once it is mine, it is mine for all time.

Schlimme Nachrichten: Eolas

Eolas Technologies Inc. hat es offenbar geschafft sein Patent gegen Microsoft durchzusetzen (mein kurzer Artikel). Ich persönlich habe Grund genug auf das hirnlose Patentlobbying der MS-Proxies in Brüssel wütend zu sein (insofern sind naive MS-Blogger, die jetzt Doyle von Eolas als un-amerikanisch verunglimpfen wenig ernst zu nehmen so ernst es doch ist, die übliche Kasperei eben), habe aber nie die Anti-MS Kultur geteilt, die bei den Medienvertretern so beliebt ist.

Es ist sehr traurig/fürchterlich für das Internet, wenn sich Eolas doch mit seinem Browser-Plugin-Patent durchgesetzt hätte. Microsoft hatte erst eine 500 Mio$+ Schlappe gegen Eolas hinnehmen müssen, war dann aber erfolgreich gegen das Eolas-Patent vorgegangen. Ich habe einen Rapid Response Artikel gebaut. Wir werden in den nächsten Tagen hoffentlich eine Klärung sehen, was das wirklich bedeutet.

29.9.05

Liebes im Grimm

Ganz viel Liebes in Grimms Wörterbuch.

Naguine

Gerade höre ich "Naguine" von Reinhardt, 30.6.39 Paris. Ich bin sehr beeindruckt. Ein brilliantes Solostück.

Hoch auf den Parlamentarismus

Gerade beim Zappen durch die Kanäle. Vollblutparlamentarier Pöttering, von der EVP, sehr engagiert und erregt im Europaparlament in Sachen Türkei. Die Kommission kriegt eine echte Breitseite von ihm. Martin Schulz navigiert herum. Cohn-Bendit mahnt erst zur Besonnenheit und ereifert sich dann über alles Maß. Ich liebe dieses Parlament.

28.9.05

PA Horns entdeckt EPO Reformvorschlag

Patentanwalt Horns hat die Ideenskizze zur Liberalisierung des Prüfungsvorgangs bei der EPO entdeckt. Er polemisiert in seinem Weblog, eine Abschaffung der EPO sei beabsichtigt. Siehe auch meinen Kommentar in seinem Blog.

Riesenkalmar

Japaner haben einen lebenden Riesenkalmar in der Tiefsee fotografiert. Seit Jahrzehnten werden alle Jubeljahre wieder tote Riesenkalmare angeschwemmt. Einer wird zum Beispiel in Schwerin ausgestellt. Die Mammute der Tiefsee. Bis über 20 Meter.

Vielen Dank für die Blumen

Florian just called to say that FFII and NSP has received the CNET award in the category "Outstanding Contribution to Software Development".


Zum Hintergrund findet man hier bei CNET die Übersicht. "Outstanding Contribution to Software Development", vielen Dank an CNET. Wir sind Outstanding Contribution.

27.9.05

Vorratsdatenspeicherung

Nachtrag: Heise berichtet, dass negativ in dieser Richtung entschieden wurde vom europäischen Parlament.

Privacy Override Indicator

Wieder einen hübschen Bürokratenterm gelernt: Privacy Override Indicator (POI). Es geht dabei um das Überwachen von Telefongesprächen, zum Beispiel in Mobilfunknetzen. Ich dachte erst der Begriff sei ein Scherz, aber die obige Google-Suche lieferte doch tatsächlich Treffer. Traditionell wurde das zum Beispiel bei 911 Anrufen verwendet. Wenn jemand eine Notrufnummer wählt, soll die Identität des Anrufers erkannt werden können.

Realexistierende EU-Demokratie

Ein interessanter Blogbeitrag auf Andreas.org. Der wundert sich über die realexistierende europäische Demokratie im Zusammenhang mit einem ihm am Herz liegenden Richtlinienprojekt zur Vorratsdatenspeicherung. Für alle, die es noch nicht wissen: das EU-Parlament leistet eine tolle Arbeit. Leider ist der Parlamentarismus auf europäischer Ebene sehr schwach, viel schwächer als es der Bürger annimmt. Das EU-Parlament steckt die Prügel des Bürgers für die Arbeit in Brüssel ein und darf ein bisschen "mitsprechen".

25.9.05

Hexenwahn in Nigeria

In Nigeria mit seinem bekannten afrikanischen Hexenwahn wurde ein Mann wegen Hexerei zu Tode geschlagen.

Entwickler zurück an die Macht bei Microsoft

Microsoft unternimmt große Anstrengungen um wieder echte Softwareentwickler anzusprechen, mit Channel 9 machen die Softwareproduzenten aus Redmond alles richtig. Die Seite ist klasse und setzt auf Transparenz und Entwicklercommunity. Nun frotzeln sogar schon die channel9 Leute über die Zensur von Marketing und Rechtsabteilung.

Apparently, this C9 interview with a member of the MS-CRM team got killed, because he admitted that they "watch what they [their CRM competitors] do closely." Needless to say, I'm very disappointed with MS legal and-or marketing. Lawyers/marketing 1, transparency 0.


Und wie geht das mit den videos?
... my videos have this signoff process:

1) Me.
2) The Channel 9 team.
3) The person being interviewed.
4) Our PR team.

Man sieht, es bleibt noch Raum für weitere Öffnung.

Günter G. muss Günter G. bleiben

Ausnahmesweise die Taz mit einem lesenswerten Artikel, der zahlreiche belanglose Phrasen zusammenträgt. Fast schon große Literatur.

24.9.05

In die Satzung geschaut

"Befähigung zur Bewältigung unvorhergesehener Probleme, Hinführung zum Ausgang aus selbstverschuldeter informationeller Unmündigkeit."

:-)

23.9.05

Laura Veirs in Hamburg

28. September Weltbühne Hamburg. Ihre neue CD "Year Of Meteors" ist Ende August heraus gekommen und hat auch sehr positive Besprechungen erhalten. Reinhören! Mehr zu der aussergewöhnlichen Sängerin aus Seattle auf ihrer eigenen Homepage. Dort auf ihrer Homepage wird die Weltbühne zur Weltebuhne. Auch nicht unpassend, wenn man denn weiss, was eine Buhne ist.

22.9.05

Paradoxe Wahl

Es ist ein spannendes Thema: Wahlparadoxien. Hier sind Möglichkeiten aus dem deutschen Wahlrecht zusammengestellt.

Wissen schaffen bei der EU-Kommission

In den letzten 50 Jahren ist der Anteil Europas an der Schaffung von Wissen langsam zurückgegangen. Dies zeigt sich z.B. darin, dass der relative Anteil europäischer Nobelpreisträger abgenommen hat.


So heisst es in einer Papier der EU-Kommission. Es geht noch seltsamer weiter:

Wenn wir z.B. die Patentämter der EU mit denen der USA in den Jahren zwischen 1992 und 2001 vergleichen, sehen wir, dass der relative Anteil von Patenten, die EU-Unternehmen bewilligt wurden, zurückging, während sich der Anteil für US Firmen erhöhte


Wer es nachlesen will... kann sich auch gleich an der Konsultation beteiligen, und den Praktikanten bei der Kommission erklären, wo ihr Denkfehler lag.

Geburtstag

Von Heise erfahr ich, was ich mit Microsoft gemeinsam habe: Den Geburtstag.

Menschenrechte im WSIS-Land

Einige Nichtregierungsorganisationen versuchen Tunesien am wunden Punkt zu treffen im Zusammenhang mit dem Weltgipfel Teil II.
"Unter dem Titel "Ist Tunesien noch ein Rechtsstaat?" haben gestern mehrere Nichtregierungsorganisationen (NGO) in Genf eine Konferenz über die Einschränkung der Versammlungs- und Meinungsfreiheit in Tunesien"

Möglicherweise hat das obstruierende Eingreifen der so genannten Tunesischen Zivilgesellschaft bei den Vorbereitungssitzungen zur Verhinderung einer Debatte dieser Fragen eher einen negativen Effekt gehabt. Er erinnere mich noch gut an das unmögliche Auftreten der Tunesier in Berlin. Astroturfing lohnt sich nicht.

Florian Müller nominiert

Florian Müller ist nominiert worden zum "Europäer des Jahres". So erklärt er in dieser Pressemeldung seiner Firma. Mit auf der Liste ist auch Michel Rocard.

21.9.05

Symposium bei der GI

Für die Gesellschaft für Informatik e.V Jahrestagung in Bonn am Montag hatte ich die Gelegenheit einen Redebeitrag kurzfristig zu übernehmen. Sehr interessantes, leider nicht sehr zahlreiches Publikum. Den Gegenpart übernahm ein Herr Heiske, der offenkundig unter Kai Brandt bei Siemens arbeitet. Was mir vor allem gut gefiel war die Diversität der versammelten Auffassungen. Nicht das, was man auf der EU Ebene erlebt hatte. Sehr anregend.

Rita

Für die USA kündigt sich schon der nächste Wirbelsturm an: Rita.

18.9.05

Katalanendomain

Die Katalanen kriegen eine eigene Internetdomain. Und wann sind Bayern und Friesen dran?

Das neue Word

Die MS-Word-Oberfläche, die der Öffentlichkeit gezeigt wurde ist nicht die endgültige Version. Microsoft will noch weiter an seinem Office-Flagschiff herumwerkeln:

In other words, the huge swath of gray colors is not final, and the icons will be dramatically improved with photo-realistic graphics as the product is developed. I had a nice look at a much more recent build of the product than the versions that were shown at PDC, and was told it had a ways to go. What Microsoft was really revealing was that the menu/toolbar interface in Office is dead, as obsolete as the folder/file system we use in Windows is today, ... So Office 12 will include a "ribbon" interface with tabs and groups of commands, and so on, but it will be much prettier and better looking than what was shown this week.


Ich frage mich allerdings, ob solche radikalen Änderungen an der Bedienung wirklich von den Kunden akzeptiert werden. In der Vergangenheit wurden immer die Migrationskosten betont und ein wichtiges Argument für Word war der Lock-in bezüglich der Bedienung. Mich erinnert die präsentierte Oberfläche entfernt an gescheiterte Wettbewerber Ende der 90er Jahre. Es ist schön zu hören, dass weitere Verbesserungen geplant sind. Mit seinem neuen Bedienkonzept geht der Softwarehersteller volles Risiko ein. Wenn es dann nicht klappen sollte beim Anwender, ist Holland in Not.

17.9.05

Phishing filter beim IE7

Der Internet Explorer 7 wird einen Phishingfilter enthalten, eine sehr simple aber vielleicht nicht ganz bedeutungslose Angelegenheit. Nachteil könnte sein, dass sich Benutzer auf diesen Filter zu sehr verlassen, aber ich will eine solche Neuerung, die eine kleine gute Idee ist nicht zerreden.

14.9.05

Spiegel.de über das Bloggen

Spiegel.de, genauer gesagt der Frank Pantalong, schreibt über das Bloggen und die Subjektivität:

Im Blog ist die subjektive Sicht also eine Tugend. Warum auch nicht? Immerhin ist das ehrlich. Die so lange gepflegten hehren journalistischen Tugenden einer durch Stilformen und Handwerksregeln definierten Objektivität - Kommunikationswissenschaftler reden hier von einer "hergestellten" Objektivität - waren nie frei von Selbstbetrug

Genau. Sagen wir doch. Oder "finde ich auch".

SPAM im Wahlkampf

Ich erwarte mir ja nichts von der Politik in Sachen Spambekämpfung, vor allem nicht im Wahlkampf. Vielleicht mit Recht... jetzt gibt es auch noch ein CSU SPAM Politikum.

Und wieder

Der Linuxverband kritisiert Microsoft, weil in der Wahlkampfberichterstattung Microsoft-Logos in Grafiken aufgeführt werden. Wieder einmal gelingt es den Linux-Unternehmen ihren "Konkurrent" Microsoft öffentlich ins Zwielicht zu setzen. Der NDR hat hier sogleich via ots geantwortet, was auf ein funktionierendes Krisenmanagement schliessen läßt.
Im Urteil des LG Hamburg vom 13. November 2002 (Az 315 O 549/02) heißt es u.a.: "Bei der Erstellung von Hochrechnungen spielt die Genauigkeit und die Geschwindigkeit, mit der Ergebnisse ermittelt werden können, eine entscheidende Rolle. Zu deren Ermittlung sind aufwendige Computerprogramme und Datennetzwerke erforderlich. Wenn diese von einem bestimmten Unternehmen gestellt werden, so hat der Hinweis auf das Unternehmen einen durchaus informativen Wert und lässt sich daher als Quellenangabe rechtfertigen. Dies ist vergleichbar mit dem Hinweis auf die Quelle von Zeitmessungen oder einen Ergebnisdienst bei Sportübertragungen."
Dagegen merkt der Welt-Artikel an:
Das für die ARD-Prognosen zuständige Institut infratest dimap konnte gestern keine Angaben dazu machen, welche Leistungen Microsoft für die Wahlforschung erbringt.
Und ferner lohnt ein Blick in den Rundfunkstaatsvertrag, die Primärquelle:

§2 (2) Im Sinne dieses Staatsvertrages ist

6. Schleichwerbung die Erwähnung oder Darstellung von Waren, Dienstleistungen, Namen, Marken oder Tätigkeiten eines Herstellers von Waren oder eines Erbringers von Dienstleistungen in Programmen, wenn sie vom Veranstalter absichtlich zu Werbezwecken vorgesehen ist und die Allgemeinheit hinsichtlich des eigentlichen Zwecks dieser Erwähnung oder Darstellung irreführen kann. Eine Erwähnung oder Darstellung gilt insbesondere dann als zu Werbezwecken beabsichtigt, wenn sie gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung erfolgt,

7. Sponsoring jeder Beitrag einer natürlichen oder juristischen Person oder einer Personenvereinigung, die an Rundfunktätigkeiten oder an der Produktion audiovisueller Werke nicht beteiligt ist, zur direkten oder indirekten Finanzierung einer Sendung, um den Namen, die Marke, das Erscheinungsbild der Person oder Personenvereinigung, ihre Tätigkeit oder ihre Leistungen zu fördern,

§8 Sponsoring
(6) Nachrichtensendungen und Sendungen zum politischen Zeitgeschehen dürfen nicht gesponsert werden.


In der Tat sollte jeder Ansatz von Sponsoring oder "Schleichwerbung" im Rahmen der Wahlkampfberichterstattung nichts zu suchen haben. Dass der NDR sich hier auf ein Urteil beruft, ist schwach. Denn was möglicherweise erlaubt ist, muss noch lange nicht getan werden. Weil alle Werbeaktionen der Firma Microsoft die Kritik anziehen wie die Fliegen, könnte sich der NDR und sein Sprecher Gartzke hier eine blutige Nase holen.Link

13.9.05

Defend the right to be offended says Rushdie

Salman Rushdie meint: "Defend the right to be offended".

Naumann geht von Blog

Es hat ja schon etwas an sich, wenn der Herr Michael Naumann auf Englisch bei OpenDemocracy zum Bundestagswahlkampf bloggt. Irgendwie seltsam. Hat der Schröder-Freund auch erkannt.

German election called off by od editor ...well not really. But this blog has been. Michael Naumann got sick of the election, got married, and sailed away. Call it real-time political disenchantment if you will, brought to you exclusively by openDemocracy.


Oje, der Arme, was hat er geschrieben? Für einen Diplomaten so richtig schon unstaatsmännisch, erst der Jammerton:

No, the Germans are not very interested in this election campaign. The alienation of citizens from politics goes on: a phenomenon with many faces.


und dann wird Paul Kirchhof auch noch zum Witzvorschlag erklärt:

Then came Merkel’s second joke-proposition: she introduced the former supreme-court judge, Paul Kirchhof, as her future finance minister. He is an eccentric and avid fan of flat taxes who advocates a top income tax rate of 25% for everybody.

Mehr Meinungen von ihm über den Wahlkampf und das deutsche unWesen gibt es in dem Naumann Blog zu lesen. Muss man denn erst auf Englisch bloggen, um gerade heraus seine Auffassung in Wahlkampfzeiten kund zu tun? Und ist es fair gegenüber einem Dienst wie OpenDemocracy einfach sich davon zu stehlen... ?

Vernehmlassung

Wieder was Neues gelernt: Vernehmlassung, eine Spezialität aus der Schweiz und ein tolles Wort.

8.9.05

Zufallswissenschaften

Eine Forschungspapiergenerator nach dem Zufallsprinzip.

2.9.05

Operation Vollmeise

Schlimm, was den Menschen von New Orleans und Lousiana durch Naturgewalt widerfahren ist. Interessant auch, dass die deutschen Medien sich mehr auf organisatorische Mängel der Hilfsaktionen stürzen als die amerikanischen. Das ist auch in UK so, siehe zum Beispiel dieser Guardian-Artikel. Da lesen wir, was die Sorgen der Rettungkräfte sind:

Hundreds of National Guardsmen hardened on the battlefield in Iraq have landed in New Orleans. ``They have M-16s and they're locked and loaded,'' she [Gov. Kathleen Blanco] said. ``These troops know how to shoot and kill, and they are more than willing to do so, and I expect they will.''


Operation Vollmeise? Nicht ganz

But when some hospitals try to airlift patients, Coast Guard Lt. Cmdr. Cheri Ben-Iesan said, ``there are people just taking potshots at police and at helicopters, telling them, `You better come get my family.'''

Was ist eigentlich ein Blog?

Fragt mich meine E.R. Was ist ein Blog? So und jetzt spielen wir mal Dingsda, ihre Vorschläge:

ein austausch... ein Forum .. wo ist der Unterschied von einem forum ... ich kenn ja Gesundheitsforum... zu einem forum

Okay, ich versteh nichts. Aber natürlich findet man solche Informationen wie alles andere im Internet.

Wipotreffen in Genf

Benjamin aus Belgien fragt an, was bei dem WIPO-Treffen zu dem wir eingeladen sind, genau sein wird. Wir drei werden da sein, soviel ist sicher. Ich habe noch diesen Link von zivilgesellschaftlichen Vertretern gefunden. Das a2K-Projekt. Grob bin ich informiert (meistens ist man als Externer mit Erfahrung aus anderen Vorgängen besser informiert als Leute, die seit Monaten in einem solchen internationalen Prozess sumpfen), aber im Detail würde ich mir ein Briefing schon wünschen. Hat aber noch Zeit bis nach dem 12.9.

Veni, vidi, vici. Wie so oft.

Schule der Nation

Huch, da hat mal wieder einer ganze Arbeit geleistet. Spiegel online verkündet den Nutzen des Wehrdienstes als Karrierehilfe, um dann aber den Zivildienst in diesem Sinne zu hofieren. Zugegeben, auch mich hat meine Grundwehrdienstzeit entscheidend geprägt. In Wilhelmshaven hat man die Marine vor der Haustür und eine positive Einstellung zur Marine. Ich landete ausgerechnet beim Heer, genauer gesagt im Stabsdienst.

Was habe ich dort gelernt? a) Liberale Grundwerte sind ein dünnes Eis b) Ich bin protestantisch geprägt, nach dem Prinzip der persönlichen Verantwortlichkeit, was in einer militärischen Organisation nichts zählt c) Es gibt Formen der Organisation, die suboptimal funktionieren. Nicht nur im Realsozialismus, auch in unserem Staat d) bestimmte psychologische Mechanismen, die einfach funktionieren, aber häufig nicht einmal reflektiert werden von denen, die sie einsetzen. e) das Lebensmotto meines Opas verstehen: "Alles gut, alles bestens". f) "institutionalisierte Interessen" g) Prozessorientierung ist wichtig in hierarchischen Strukturen

Und vieles mehr. Ich glaube es ist wichtig, dass es auch weiterhin die Möglichkeit zur Wehrpflicht in Deutschland gibt. Den Wehrdienst sollten auch Frauen ableisten.

Lehman in WSJ: Keine Angst

Lehman schreibt einen Artikel im Wallstreet Journal: Don't fear Software Patents. Bruce A. Lehman führte damals in den USA die Konsultationen mit der Wirtschaft. In Europa bemühten sich alle Offiziellen zu betonen, dass sie dem US-System nicht folgen wollen. Bruce A Lehmann ist dennoch zuversichtlich, und möchte die Externalitäten der europäischen Debatte auf den US-Kongress abwehren. Interessant zu lesen!

Zur Verfassung

Nochmal zur Verfassung: Lessig blogte bei anderer Gelegenheit:
And second, that it captured beautifully the single most important thing that I learned from my years working on “constitutionalism” in Eastern Europe: That 90% of the challenge is to build a culture that respects the rule of law, and that practices it. A document doesn’t build that culture. And no one has a formula — either for building it, or preserving it.

Die irakische Verfassung auf Englisch

AP hat die irakische Verfassung übersetzt: Ein wirklich seltsamer Rechtstext.

http://news.bbc.co.uk/2/shared/bsp/hi/pdfs/24_08_05_constit.pdf

1.9.05

Nachgerechnet

Verwundert rief mein Vater bei der Lokalpresse an. Grund für die Aufregung war ein Interview mit Paul Kirchhof, bei dem die Zahlen nicht stimmten. Meine Mutter, der das ebenfalls aufgefallen war, konnte dann im Videotext erfahren wie die Zahlen zustande gekommen waren. Die Steuer von 4000 Eur werde von einer Durchschnittssekretärin mit 1,3 Kindern und 40 000 Eur Gehalt gezahlt, die "ein bisschen verheiratet" sei. Mehr darüber gibt es in der Financial Times. Der Donaukurier erklärt uns auch noch: "Kirchhofs Beispiel ist also ein Fall, der in der Realität nie auftauchen wird." Ach nee. Mich dünkt so etwas gab es auch schon mal bei Loriot.

31.8.05

Horns polemische Anwandlungen

Axel H. Horns gehört zu den Patentanwälten im Softwarebereich, die einem sehr sympathisch sein können. Ein Grund ist, dass er Aktivitäten zur Kenntnis nimmt und kommentiert. Ein anderer ist, dass Horns hin und wieder interessante Dokumente findet und in seinem Blog erwähnt. Und der letzte, dass Horns mitunter so richtig über die Stränge zieht.

Florian Müller hat in den letzten Tagen mit ein bisschen PR aus der Sommerpause gemeldet. Über seine ehemaligen Website nosoftwarepatents.com sagte er mir mal, er wolle dafür sorgen, dass sich die Patentanwälte so richtig aufregen. Florian Müller beherrscht beides. Selbst immer schön voll auf die Kacke zu hauen, und sich dann als der angeblich seriöse Vertreter von Phantompositionen abzugrenzen.

Bei Horns scheint er mit seiner jüngsten PR sehr erfolgreich zu sein. So kommentiert Horns folgenden Ausspruch Florian Müllers:
I am generally pro-IP because I've been living off IPRs (Intellectual Property Rights) for years and (am) just against software patents." [...]" Well, I am not quite sure how to assess the scope of this statement .
Ein Satz Florian Müllers, den bekanntermassen alle, die ich kenne, unterschreiben können und auch keinen überraschen dürfte. Das weiß auch Horns. Zoobab, also Benjamin Henrion, und einige andere meinen Horns Trollversuch beantworten zu müssen. Lasst es doch einfach bleiben!

Ein Paradebeispiel für Horns neue polemische Anwandlungen als weitere Verpuppung ist natürlich auch dieser Kommentar "Summer Break is Over: Rows over Patentability of CIIs Continue". Er zeigt, dass sich Leute wie Axel Horns nun in der wütend um sich schlagenden Defensive befinden (schon vor dem Sommer reagierte er äußerst nervös auf angebliches Säbelrasseln , tatsächlich mehr eine Art more of the same). Interessant nun zu sehen, was Horns nach der "summer break" für die Strategie auf europäischer Ebene hält:
Well, the idea of politically utilising the EU Community Patent project is not new. And, they should not forget that any EU Regulation on a Community Patent would not require a Common Position with the European Parliament because of such matter would not be covered by any co-decision requirements.
Man sieht, Müller schafft es Horns
sich so richtig aufregen zu lassen und aus dem Sessel zu katapultieren:
Ha! "Abolitionist Amendments" is a quite good language indicating in an uncensored way the very purpose for which the proposed 21+ anti-patenting amendments were drafted for. They were drafted in order to abolish granting of all patents which might, on the infringement side, potentially be used against (commercial) tinkering with software.
... What should be, according to Mr. Müller, be the consequences? He seems to be silent on that question. But it might not come as a surprise if he would in fact think that those judges should be evicted from their Offices and replaced by more biased anti-patent individuals.
Der Stil erinnert entfernt an Simon Gentry. PA Horns liebt seine Beschwerdekammer und insistiert:
The EPC is interpreted authoritatively by the Boards of Appeal, and, in certain cases, by national Courts. They have, from time to time and on a case-by-case basis, cancelled patents on CIIs previously granted by the EPO because of insufficient technikcality, novelty and/or inventive step but they never have said that patents on CIIs are inadmissible in general.
Was sagen wir dazu? Abgesehen von der üblichen Umkehr der Beweislast, würde Herr Horns erklären müssen, wie es sein kann, dass sich die Interpretation ein und desselben Rechtstextes um 180 Grad verändert hat. Wer hat eigentlich die EPO-Institutionen oder Horns in den Softwaremarkt eingeladen? Eine Regulierung des Marktes benötigt eine gesetzliche Ermächtigung dazu, die man sich nicht über Neuauslegung wie in IBM/computerprogrammprodukt holen darf. Wenn es dennoch geschieht, kann und soll es der Gesetzgeber korrigieren. Den aber sieht er jetzt nicht mehr zuständig, sobald der Gesetzgeber nicht mit der EPO Beschwerdekammer übereinstimmt. Sein Vorschlag eine diplomatische Konferenz einzuberufen, verdient allerdings Unterstützung. F. Müller beginnt die Initiative beim Europaparlament, das schliesst andere Wege nicht aus.

Der Versuch eine Art anti-kapitalistische Karte seinen Gegnern unterzuschieben, ist schon deshalb nicht von Erfolg gekrönt, weil Axel Horns als aufmerksamer Beobachter der Szene selbst nicht daran glauben kann. Komisch ist es dann, ihn bei seinen scheinheiligen Protesten gegen die Enttäuschung der Rollenerwartung zu beobachten.

24.8.05

Aspen

Das Schöne an den lobbyistischen Aktivitäten von Microsoft, um die sich immer dümmliche Verschwörungstheorien ranken, ist ihr Unterhaltungswert. Die Firma hat das Pech häufig die falschen Leute für sich zu finanzieren.

Aspen Summit 2005, schon einmal davon gehört? Ich fand den Kongress einer amerikanischen Denkfabrik zufällig im letzten Jahr und packte ihn in den FFII-Veranstaltungskalender, den ich betreue. Mit der Thematik der Adäquanz gewisser Schutzrechte für die Erfordernisse des Softwaremarktes hatte die Veranstaltung in den USA seinerzeit kaum Schnittstelle. Das änderte sich aber in der Zeit nach dem Eintrag, in der das Thema hochkochte. Nun diskutierten dort MS-Lobbyisten unter sich ausgerechnet diese Thematik und widersprachen den hauseigenen Gesetzesinitiativen in Washington. Hired Guns, die auf ihre eigenen Leute ballern. Ob sie wohl unseren Veranstaltungskalender lesen? (...mal sehen, ob sie auch bei anderen dort gelisteten Veranstaltungen wie z.b. der Speyrer Korruptionstagung vertreten sein werden; Spass beiseite, natürlich ist PFF relativ offen über seine Sponsoren)

Wie der Heise-Journalist Stefan Krempl ausführt, verkündete der "Experte" Myhrvold als keynote dort sehr bemerkenswerte Positionen. Patent-Trolle gebe es nicht usw. Krempl erwähnt süffisant auch die leichten Widersprüche. Die üblichen Verdächtigen wie ACT usw. waren natürlich auch im Schlepptau von Myhrvold dabei. Nach Krempls Ansicht handelt es sich bei dem PPF, die den Aspen Summit ausrichtet, um eine "neoliberale" Denkfabrik.

Mit Neoliberalismus haben allerdings diese Positionen nichts gemein. Es ist schon eine Schande auf welche Art und Weise neoliberale Gedanken pervertiert werden, und dann möglicherweise von Kritikern auf dem Neoliberalismus eingedroschen wird.

19.8.05

Die Dosis macht das Gift

Microsoft hat ernste Probleme im Bereich Public Affairs. Gewöhnlicherweise streuen sie im Lobbying recht breit, selten mit gutem Händchen (siehe EU-Debatte, Hunzinger, usw.). Kernproblem ist aber eine latent feindselige Stimmung gegen den Softwarehersteller, die von zivilgesellschaftlichen Akteuren immer wieder als Massenkristall bedient werden kann. Sibold gab schon vor Jahren an, das Problem sei nicht mehr die Technikfreaks zu inspirieren. Siehe z.B. auch Manager Magazin. Gravierender scheint aber die Abneigung unter den eigenen Kunden zu sein. "Die Journalisten hassen ihre Lieblingstextverarbeitung". Auch bei der Debatte auf europäischer Ebene standen Microsoft-Verschwörungstheorien bei der Presse hoch im Kurs. Manchmal hatte man den Eindruck, dass sich schlechtere Lobbyisten die beste Mühe machten, konspirologischer Paranoia gerecht zu werden. Eine Garde von hirnlosen hired guns nährte berechtigte Emotionen. Weil die Öffentlichkeit bei MS besonders hinschaut, sind Rohrkrepierer und desaströse Lobbyaktionen häufig. Es kann auch sehr unterhaltsam für Beobachter sein.

Nun lese ich in der Online-Presse (Spiegel, Heise), dass eine Veranstaltung für MS von Pleon (sehr professionelle PR-Agentur) von Grünen Nachwuchspolitikern für ihre Zwecke instrumentalisiert wurde. Siehe auch das Blog Netzpolitik. Es geht um Berlin, dort hatte der Senator Harald Wolf (Kommunist) schon einigen Wirbel mit dem Abgeordnetenhaus gehabt. Linux in der Verwaltung wird heiss und kontrovers diskutiert, manche Politiker wünschen eine Migration auf die alternative Plattform, so auch die Grüne Jugend. Und Microsoft setzt ein massives Lobbyaufgebot dagegen, das nicht selten Gift für nahestehende Politiker ist. Sehr dick aufgetragen sicherlich den Vorgängersenator Branoner in den Bereich Public Affairs zu holen... Auch die ungeschriebene Lobbyregel Abstand von Kommunisten zu wahren, wurde beim Wirtschaftssenator notwendigerweise durchbrochen. Harald Wolf wurde in den letzten Jahren eine intensive Aufmerksamkeit durch die Lobbymaschinerie geschenkt. Die FDP machte Krawall im Senat letztes Jahr als der Senator Befindlichkeiten erregte, die Medien berichten ätzend. Der nächste Public Affairs GAU bahnte sich schon damals an.

Auf den Bildern, welche die Gegenveranstalter schossen, sieht man, dass MS-Lobbyisten die Nationalisierungsstrategie fahren. Microsoft soll als deutsches Unternehmen in Deutschland wahrgenommen werden. Dazu muss natürlich auch lokales Engagement demonstriert werden. Solche Überlegungen kursierten auch in Lobbyingkreisen in Brüssel. Meiner Ansicht nach verfehlen diese Anstrengungen aber den Punkt, weil ihre Analyse falsch ist.

Man sieht auch den allgemeinen Trend, dass herkömmliches Lobbying durch unerwartete kreative Aktionen Dritter an seine Grenzen geführt wird und sich wandeln muss. Hände aber weg vom Astroturfing!

18.8.05

"die Jugendlichen"

"die Jugendlichen" - man hört diese Formulierung jetzt permanent in der Berichterstattung rund um den katholischen Weltjugendtag mit Papstbesuch. Phoenix und andere Sender demonstrieren uns, dass es noch mehr gibt als Hofberichterstatter, Fussballkommentatoren und Loveparadedeuter; Berufsjugendliche Weltjugendtagstotquatscher und katholische spin doctors, die sich ihren Zeitgeist nach ihrem Geschmack backen. Am Rande erfahre ich das "wir" auch die heiligen drei Könige sind, denn der neue Papst fährt wall zu den sterblichen Resten der Drei (Wir sind gekommen um ihn anzubeten...) zum Kölner Dom.

Ich sauge, ganz unkatholisch wie ich bin, dieses Wissen auf, aber sollte ich das? Vor allem, wenn man eigentlich nur sein Buch lesen will und gar nicht hören möchte, was "die Jugendlichen" von dem Papst erwarten und warum "die Jugendlichen" so begeistert sind. Ich werd da röööömisch-kathoooolisch und verordne mir Zwangsmaßnahmen. Die guten alten gelben Ohrstöpsel. Da können die Nachbarn gerne den Berichten über "die Jugendlichen" und lauschen und ich im Garten mein Buch lesen. Soweit mein pragmatischer Beitrag zur Ökonomene... Konzentration garantiert.

entwurmung

Wir haben es ja schon geahnt. CNN hat übertrieben, jetzt auch Netcraft: No major impact on Web Sites From New Windows Worm.

"Likely this is an isolated event, which became newsworthy because CNN got infected," wird das Internet Storm Center von Miller zitiert.

Ist das schön!

Gestern am Nassauhafen. Leise kräuselnde Wellen, Vollmond mit darunterliegendem Leuchtfeuer beleuchtet die Szenerie. Langsam aber bestimmt strömt das Nordseewasser ein. Nur die Möwen hacken ein wenig aufeinander rum: uöähgh - ergh ergh örgh. Ich habe fast eine halbe Stunde nachgedacht wie man das schreiben soll. Möwisch, einzigartig. Ist das schön hier!

Und beim Pumpwerk gibt es jetzt wohl jeden Mittwoch ein Fest.

So so, die EPO

Die EPO hat eine Broschüre herausgegeben, mit der sie sich weiterhin in die Rechtsetzung in Europa im Bereich CII, auch gegen den Willen des Gesetzgebers, einzumischt. Bemerkenswert sind vor allem unbelegte Behauptungen und Ignoranz über die Willensbekundungen der demokratischen Institutionen. Auch der FFII hat bereits Kritik geübt, der Franzose Gérald Sédrati-Dinet zitiert seinen Landsmann, den Rapporteur Michel Rocard: "there is no more a majority to cover you, be carefull with your case law, it is clear, given the amazing awareness on this subject, that would this practice continue, a parlamentary majority will arise to frame it, and even to forbid it, ineluctably and in a little while.". Was aber schreibt die EPO? Zum Beispiel:
Wer mehr Ressourcen und Informationen zur Verfügung hat, kann natürlich die Kosten leichter tragen. Dies gilt aber generell für den Erwerb eines Vermögenswertes oder den Eintritt in ein Verfahren und ist kein spezifisches Merkmal des Patentierungsprozesses. Zudem weist so gut wie nichts darauf hin, dass Patente für KMU nicht von Nutzen sein können, im Gegenteil: für innovative KMU und Start-up-Unternehmen, die weder über die notwendigen Finanzmittel noch über einen großen Marktanteil verfügen, sind Patente oftmals die einzige Möglichkeit, sich gegenüber der Konkurrenz zu behaupten.
Tatsache ist und bleibt, dass KMU allgemein zu wenig patentieren gemessen an ihrer Marktbedeutung. Dieser empirische Befund ist klar. Das Rechtsinstrument ist wenig geeignet für Märkte, die mittelständische Strukturen haben. Die EPO macht es sich hier zur einfach. Insbesondere kehrt sie die Beweislast um. Denn ein Markteingriff will gerechtfertigt durch Vorteile sein. Diese sind zu belegen, plausible Aussagen genügen nicht. Niemand muss deshalb darauf hinweisen, dass etwas nicht von Nutzen sein kann. Hingegen müsste die EPO den Nachweis einer Vorteilhaftigkeit führen um die Anwendung, d.h. die Beschränkung des Freien Marktes, zu rechtfertigen.

17.8.05

Wikitution

Ein interessantes Projekt: ein Verfassungsentwurf für Europa als Wikiprojekt.

CNN wurmt es

Gestern witterte CNN eine Riesenstory. Ein neuer Wurm im Internet, der Windows 2000 Rechner befalle. Mal wieder die üblichen "Experten", die von Windows 97 und Windows 99 sprachen...

16.8.05

Abgedreht

Ray Kurzweil, bekannt durch seine gleichnamigen Synthesizer und seine KI-Populärliteratur, will es noch einmal wissen und ist mittlerweile ziemlich abgedreht. Ewig leben mit Rosskur - ganz schön senil.

Alter, Krankheit und Tod sind für ihn vermeidbare "Tragödien", wie der Erfinder im Gespräch ein halbes dutzend Mal wiederholt. "Der Tod ist ein profunder Verlust an Wissen, Erfahrung, an Fähigkeiten und zwischenmenschlichen Beziehungen. Die Menschheit hat einen Großteil ihres Denkens in Philosophie und Religion darauf verwendet, diese Tragödie zu rationalisieren."

Kurzweil hingegen verbringt seine Zeit damit, Daten zu sammeln und auszuwerten, um jede nur denkbare Entwicklung als eine exponentielle Wachstumskurve darzustellen, die ausnahmslos dem von ihm formulierten "Gesetz der sich beschleunigenden Erträge" gehorchen. Dazu beschäftigt er einen Stab von zehn Mitarbeitern, die mathematische Modelle bauen und mit Daten füttern.

Das erste Mal, dass wir bei Technology Review ein wenig Ironie finden. Kurzweil auf dem Weg ins Universum:

Aber wieso will er überhaupt ewig leben? Kurzweil ... antwortet: "Das einzige, was bleibenden Wert hat, ist Wissen. Solange die Komplexität neuen Wissens zunimmt, ..., solange gibt es keinen Grund zu sterben. Wenn sich unser Wissen nicht immer weiter ausdehnte, bis wir schließlich unser Sonnensystem und das gesamte Universum mit unserer Mensch-Maschinen-Intelligenz erhellt haben, wäre die Aussicht auf ewiges Leben wirklich deprimierend. ..."

Jimbo frei

Wikipedia's Jimbo Wales will eine Liste von zu befreienden Dingen zur Inspiration im Stile von Hilbert anfertigen. Die Antworten auf seine Frage im Blog sind kaum erhellend. Interessant fand ich aber:
Law. Not just in terms of access to laws, but access to writing them. Why can’t we all write the laws we live by, via a wiki? I know, it’s a radical proposal, but I expect it would lead to simplified, common-sense laws, and a lot less of the weird-arse “you can’t sell cabbage on a tuesday while wearing brown shoes” nonsense that gets pushed through by special-interest groups or lingers for decades/centuries after cultural expectations have changed.
Bei der Bundeswehr wünschte ich mir eigentlich nur eine Telefonnummer unter jeder Dienstvorschrift. Die Frage "Wer ist dafür verantworlich?" und "An wen kann man sich wenden?" könnte sicherlich bei jedem staatlichen Dokument beantwortet werden. Wie Software ist Recht und ein bürokratischer Apparat fehlerbehaftet und muss entwanzt werden. Die Softwareentwickler haben gezeigt, was bug reporting-Werkzeuge zur Softwarequalität beitragen können. Ein Feedbacksystem für Gesetze, Dienstvorschriften und Behördenkommunikation - das wär doch was. Was dann "frei" oder "unfrei" ist, darüber kann man streiten. Mit der Freiheit wollen wir es mal nicht so ernst nehmen.

Als ich meinen Jurastudierenden im Hause vom Vorschlag mal erzählte, orakelten die was von Verfassungsbeschwerden und Rechtssoziologie usw. Man kann viel vom Softwareentwicklungsprozess lernen, aber wie erklärt etwas Menschen, die eine Art kulturelle Barriere haben die Sache zu verstehen?

Mir ist persönliche Verantwortlichkeit und Ansprechbarkeit in der Bürokratie wichtig und meine privaten kafkaeske Alpträume mit der Bürokratie sind möglicherweise persönliche Unfreiheiten, sie belasten mich. Es reicht mir nicht, wenn theoretische Möglichkeiten bestehen, die real kaum beschritten werden und Wissensklüfte unnötig bestehen bleiben lassen. Politik kann sich um das Management von Interessen bemühen. Informationsbarrieren abzubauen dagegen hat nicht direkt etwas damit zu tun. Softwareentwicklung mit Fehlerberichtssystemen sehe ich als best pratice. Auch Transparenz ist hilfreich. Ein Lernprozess in Behörden, der gerade erst beginnt. Andere Länder sind mit eGovernment und Transparenz schon weiter.

Irrelevanz der Neuheit

Steven Zenith legt die Axt bei Softwarepatenten an sehr richtiger Stelle an, indem er nämlich die Relevanz von "Neuheit" in diesem Bereich hinterfragt.
the vast majority of software patents, on general purpose computers (networked or not, devices, servers or desktop), are "obvious to one skilled in the art." This is one of the phrases that the USPTO uses to reject patent applications and its application in software patents is insufficiently broad. Here's why. Solutions to new applications are inevitable. They are the product of the general purpose computer in the hands of an individual using well-know principles that have inevitable consequences. Just because you were the first to consider the problem does not justify a patent award. The solution was the inevitable product (one of an inevitable few) of a general purpose computer architecture and a priori computer science. I hold such a patent, US Patent 6,519,771.

Lenz missversteht den wenig deutlichen Zenith und vermischt in seinem Blogbeitrag das mit der Debatte um Offensichtlichkeit, die immer als nebelnde Kerze leuchtet, und schwingt auf eine positivrechtliche Ebene. Er scheint sich an der mangelnden Tauglichkeit der Offensichtlichkeit als positivrechtliches Abgrenzungskriterium zu stören, auf die Steven Zenith selbst mit Verweis auf die Praxis des USPTO sich bezog. Lenz schreibt:
However, the question if something is obvious or not is different from the question if it is patentable subject matter or not.
Ein Kernargument ist aber eindeutig die Frage, welche Relevanz Priorität in diesem Bereich besitzt. Deshalb argumentiert Lenz auch positivrechtlich aus den "patentable subject matter" heraus wie er hier etwa an dem Beispiel Bücher durchexerziert:
Books are not patentable subject matter. That is the reason that there won't be a patent on a "story about magicians' high schools" (though with recent patent inflation trends, one never knows).
Freilich ist es normativ betrachtet gleichwertig zu prüfen, ob das Anreizinstrument Patentwesen für Buchideen möglicherweise geeignet ist. Eine rein positivrechtliche Argumentation greift hier zu kurz.

Bei einer normativen Betrachtung zu analysieren, ob Priorität ("der erste sein, der...") in dem Bereich überhaupt Relevanz hat, das ist selten. Dank an Steven Zenith, das er das einmal betont. In vielen Bereichen wirtschaftlichen Handelns ist Priorität vollkommen irrelevant. Etwa bei Geschäftsideen...

Chamäleon

Die Sueddeutsche schreibt zur EU Debatte "Großbaustelle Europa - Die EU - ein Chamäleon":
Obwohl es nie eine endgültige Zielperspektive gegeben hat und noch immer nicht gibt, hat die Europäische Union eine große Anziehungskraft entwickelt.
Wieso muss die EU eigentlich Ziele haben? Welches "Ziel" hat denn Deutschland? Das Problem der EU für liberale Geister ist dagegen, dass sie tatsächlich "Ziele" hat. Sogar in der abgelehnten Verfassung, in der Ziele nun weiss Gott nichts zu suchen haben, ist breit von den Zielen der Union die Rede. Die EU ist nicht saturiert, sondern im permanenten Fluss, "Integration" als Ziel.
Die europäische Integration ist ein Prozess:

Wer lehrt uns den Wahnsinn?

In Berlin gibt es einen "Lehrstuhl für Wahnsinn" mit einer Abneigung gegen Elektroschock in der Psychiartrie. Beim Stöbern bin ich auch auf einen dortigen Text von Fritz J. Rudert gestossen. Der Mann hat ein Art "zerfliessenden" Geist und ist stadtbekannt. Als ich nach einem Vortrag in Berlin die Nacht bei McDonalds am Bahnhof Zoo durchmachte, um den Frühzug zu erwischen, da hörte ich zu, um mich wach zu halten. Faszinierend was es für Leute gibt, aus denen ich nicht schlau werde. Nicht schlau werden, eine gute Idee.

14.8.05

Angelesen

Als ich weg war habe viel Post bekommen, u.a. Einladung von der WIPO, der Friedrich Naumann Stiftung, Post von der EU DG Internal Market und das Magazin der Böllstiftung "Böll Thema".

Axel Harneit-Sievers schreibt in einem kurzen Artikel über den nigerianischen Film: "Nollywood liebt langsame Inszenierungen, die von kurzen Actionszenen mit drastischen digitalen Effekten unterbrochen werden." - wie treffend!

Der Filmemacher Wim Wenders plädiert für Filmförderung und überfährt seinen Interviewer Ludwig Amman gleich zu Anfang mit der hohen Schule der Diplomatie: "So wie Sie mir die Frage stellen, kann ich sie nur als gequirlten Mist einstufen. ... Ihre Unterstellung, wir wollten "Kultur verbreiten", klingt ja schon zum Kotzen."
Wie erfrischend undiplomatisch in unserer glatt-gewischten politischen Gesprächskultur. Ich muss zugeben, die rechte Art sich Freunde zu machen, aber manchmal geht es halt nicht anders. Bravo!


"Gequirlten Mist" schreibt auch Prof. Peter Sloterdijk (ich erinnere mich an ihn als einen Riesen vom Weltgipfel in Genf, der selbst bei hohen Decken immer den Kopf einzieht) in seinem Text "Fünf Topoi und ein Versuch, uns unsere Zeit zu erklären" auf Seite 4. Brüller: Ihm wurde lt. S. 7 ein Preis für "wissenschaftliche Prosa" verliehen. Ehemm. Sloterdijk neuschöpfelt die Kulturimperialismusthese nunmehr als "reine Kolonialisierung", "bei der die Seelenformen anderer Kulturen von Grund auf durch eine Art kulturellen Kidnapping transformiert werden.". "Kulturmodelle ...werden nicht kommunikativ anderen Völkern oder Personen mitgeteilt, sondern im Modus einer infektiösen Mimesis in den anderen Kulturraum injiziert.", die "mimetische Injektion". Soso. Noch eine Kostprobe: "Globalisierung, wie wir sie philosophisch verstehen, beruht auf der Tatsache, dass heute diese Erdkugel in die Mitte unseres Weltbildes tritt und dabei schwankt zwischen Verdampfung und Vernichtung mittels neuer Weltentfernungs-, Distanzentfernungs- und Realitätsentfernungstechniken, die wir in Gestalt der Computertechnologie bedienen, und der Wiederkehr des Realen als Erde, welche unser kosmisches Exil darstellt." Welche Substanzen muss man "einwerfen" in das sinnentleerte postmoderne Subjekt, als eine Art Behälter potenzierter geistiger Umnachtung, um den narrativen Strukturen des P.Sloterdijk Gehalt im Ungehaltenen zu verleihen ohne selbst die Mimesis an die sprachliche Schlachtung der verstrahlten Vielfalt zu vollziehen?

Prof. Rainer Kuhlen schreibt mit üblichem Dualismus und reproduziert verschiedene linke Vorurteile zur Debatte um das "Geistige Eigentum" bei der Unesco. Dabei unterläuft ihm auch ein etwas leichtfertiger Umgang mit Begrifflichkeiten, der mit einer liberalen Argumentation wenig gemein hat. Er erwähnt zwar die Unesco-Bestrebungen, nicht aber den a2k-Vertrag, der weitaus bessere Chancen international hat. Wenn ich auch nicht alle Vorraussetzungen teile ist Kuhlen ein sehr interessanter Akteur auf wichtiger Mission. Und Bölls Olga Drossou schreibt einen Hurra-Google Artikel über die Digitalisierung von gemeinfreien Werken. Private Projekte wie das uralte amerikanische Projekt Gutenberg unterschlägt Olga leider. Sie spricht die Probleme der Interoperabilität und Offenheit von Formaten bei e-Texten an. Gut, dass es Erwähnung findet.

11.8.05

Sueddeutsche: Verfall von Erichs Werten

Der Ostdeutsche das unbekannte Wesen. Nach angeblichen Wahlkampftritten von Herrn Stoiber gegen Ostdeutsche fabuliert nun die Sueddeutsche Zeitung über das Andersartige am Ossi.

Plötzlich galten Werte nichts mehr: Die sozialistischen waren untergegangen, christliche gab es in einem weitgehend entkirchlichten Land kaum mehr. Was zählte, waren in erster Linie Erfolg und Geld. All das, was in den Zeiten des Kollektivs unter dem Stichwort Zusammenhalt, Gemeinsamkeit, Kultur lief, auch wenn es oft eine staatlich erzwungene Kultur war, wurde zur Seite gestellt wie ein altes Requisit.
oder noch dümmer:
... der Niedergang [i.e. der "Aufbau Ost", AR] hat auch mental verwüstete, entzivilisierte Landschaften hinterlassen, in denen es keine soziale Kontrolle mehr gibt – vor allem auf dem flachen Land [...ungleich Bayern mit seinen Bergen, AR] .
Der gute alte Wertverfall, aufgekocht und in neuen Worten aufbereitet. Nun könnte man erwägen die neue "Wertlosigkeit" des Ostens gegen die Werte der Zone, das klinge wie eine fantasielose konservative Denkfigur. Doch schleichen sich hier die Seelenforscher der Sueddeutschen auf den ostdeutschen SED-Stammtisch - ob der sich prima mit seinem oberbayrischen Pendant verträgt?

Kruzitürken. Saupreißn. Was ist eigentlich mit den Norddeutschen? Oder: Warum sollte Stoiber den Nerv der Ostdeutschen besser treffen als den der Norddeutschen?

Da legt der Edmund Stoiber auch schon mit der tönenden oberbayrischen Selbstgewissheit nach:
Wir haben leider nicht überall so kluge Bevölkerungsteile wie in Bayern
Dafür lieben den Stoiber Edmund seine politischen Gegner. Schon im letzten Bundestagswahlkampf hat ein Kandidat Stoiber mit seiner Fluthilfe überzeugt.

19.7.05

Bennhold und CHE

Über die Aktivitäten des CHE, Centrum für Hochschulentwicklung, erregte sich ein Kongress, über den Telepolis berichtet. Nun ist es richtig, das gilt auch für die Uni Osnabrück, dass CHE einen sehr stark gestaltenden Einfluss auf die Hochschulpolitik einnimmt. Und es ist auch klar, dass deren Richtung nicht jedermann gefällt, wobei der Vorschlag "sein eigenes" CHE zu gründen mal wieder nicht in den Sinn kommt.

Was da interessanter ist: In einem Artikel einen bekannten Namen zu lesen.
Der Vortrag von Professor Martin Bennhold, Rechtssoziologe der Uni Osnabrück, brachte dies auf den Punkt. Thema: Hochschulreformpolitik als Politik der Unterwerfung.

Martin Bennhold gehörte zu denjenigen, die man wohl zwangweise erimitieren musste. Ein linker Prof., der sich selbst als Marxisten bezeichnete. Ein linker Prof der sympathischen Sorte, der als Persönlichkeit sich immer für Studenten einsetzte. Und einer, der mitunter auf unvergessliche Weise "auf die Kacke haute". Als Staatssekretär Ludger Vollmer kam, da wurde dieser von Bennhold mit der faktenreich vorgetragenen deutschen Kriegaufdembalkanweltverschwörungstheorie zerlegt. Oder damals im Gespräch mit Prof. Wulf Gaertner über Studienfinanzierungsmodelle verfehlte er grandios die Debatte, indem er den renommierten Volkswirt zum Bannerträger von Adam Smith erklärte und ihn in der Kenntnis dessen Werken zu schlagen versuchte. Ich habe auch mal in dem Werk von Bennhold zur lokalen Nazijustiz geblättert, in der er das Justizwesen zerlegte. In den letzten Jahren setzte er sich für den "Gestapokeller" im Schloss ein, eine Gedenkstelle sollte daraus werden, er hatte wohl Erfolg.

Im Telepolisartikel finde ich eine interessante Schnittstelle:

In der Diskussion wurde das Scheitern der Softwarepatent-Richtlinie durch das EU-Parlament als Hoffnungszeichen gesehen. Bennhold vermutete hier Einzelinteressen der Abgeordneten auf freie Software als treibende Kraft neben der mittelständischen Software-Industrie. Die hartnäckige kritische Lobbyarbeit der Hackerszene war den Debattierenden nicht bekannt.

Tja, richtig bemerkt. Bennhold auf dem Holzpfad. Telepolis auch ein Stück weit, ich kenne meine "Hartnacken". Menschen können noch was bewirken, auch ohne Verschwörungstheorien. Sicherlich hätten wir auch einiges über witzige Organisationen zu erzählen, aber wer glaubt denn allen Ernstes die Organisation ERT hätte bei der WTO Einfluss. Und warum auch nicht? Wir nennen das Pluralismus, ein Pluralismus, der auch exzentrische Leute wie Martin Bennhold braucht. Seine Erklärungsansätze sind nur Ohnmachtsgesten. Es steht ihm ja frei seine Interessen zu organisieren. Dazu muss man es der Bertelsmannstiftung gleich tun und vernünftige zivilgesellschaftliche Arbeit machen statt überall Verschwörungen des Großkapitals zu wittern. Als nicht ganz Unbeteiligter an der europäischen Patentdebatte würde ich Martin Bennhold gerne mal treffen und mich mit ihm austauschen. Ausserdem habe ich gehört, dass er sich für das Begräbnis von Herrn Unsöld damals eingesetzt hat. Ich hatte im Klausurenstress von den Umständen seines Krebstodes wenig mitbekommen. Robert Fong war ein hochintelligenter Berufsstudent mit einem senilen Drall zum linken Antisemitismus, mit dem man sich hervorragend über linguistische Fragen beim Mittagessen austauschen konnte.

17.7.05

Wie man sich Gegner züchtet

Wohl kaum jemand ausser Jamba und so weiter nervt dermassen wie die Public Relations der Harry Potter Verleger. Ich krieg zuviel... Wo gibt organisieren sich die Harry Potter Gegner, wo kann ich mir die Harry Potter-Blocker Extension für den Browser runterladen, wo kann ich für Harry Potter-freie Netznachrichten unterschreiben?

Zombies und Kaffeehauskultur

Da gibt es mal wieder einen abgeschriebenen Spiegel.de -Artikel: In den USA gehe es bergab mit der "Kaffeehauskultur". Nicht die zugehörige Musik fehlt, nein, das tastelnde Klappern der Laptops und zombieartig dreinstarrende Nutzer seien schuld. Besser gesagt, das Problem ist, dass sie zu wenig trinken. Man könnte sagen: Ihr Glücklichen, ihr kriegt jedenfalls Netz. Leider haben Kaffeetrinkstätten hierzulande immer noch nicht verstanden, dass W-LAN einfach Muss ist für Leute, die unterwegs produktiv arbeiten wollen. Auch das wäre doch einen Artikel für Spiegel.de wert, damit sie an den Der Spiegel Stil aufschliessen, der seit jeher die bundesdeutsche Liebe zur Apokalypse pflegt, der Art "während in den USA es überall W-Lan gäbe, kriegt man bei uns mal wieder kein Netz..."

Im übrigen: Gegen den Zombieeffekt gibt es Workrave.

C4C macht Urlaub, erst mal Schluss mit lustig!

Die Lobbyinglachnummer 1 aus UK, die C4C geht jetzt in den Urlaub, um sich von den Strapazen und lustigen Streichen der letzten Monate zu erholen. Berühmtheit erlangte die C4C durch ihre Eiscremeverteilaktion während einer Konferenz am 2. Juni 05, an der ich auch teilgenommen habe. Den Vogel schossen sie mit ihrer missglückten Yachtaktion im Parlamentskanal in Strassbourg ab. Anlässlich des indenUrlaubgehends wurden gleich noch alle missliebigen Blog-Kommentare aus der Netzgemeinde versteckt. Aber es gibt sie natürlich noch, und wenn man ins Archiv gehen muss.

Ein bekannter Journalist kommentierte neulich die deutsche Pressemeldung der C4C, offenkundig sein ihr deutscher Arbeiter abgesprungen und man könne sich nur noch eine Babelfish-Übersetzung leisten. Spässchen dieser Art wird man wohl erst einmal vermissen müssen. Wachhündchen wünschen gar ihre Vertreibung aus dem Geschäft. Kampagnenmanager Simon Gentry und sein Mentor Hugo Lueders sollten die Sommerpause nutzen, um über alternative Berufsperspektiven für sich nachzudenken.

eDIT Festival

Zum 8. Filmemacherfestival wird vom 9. bis 11. Oktober nach Frankfurt geladen, es haben sich schon einige namhafte Gestalten angesagt, die aus dem Nähkästchen plaudern werden. Auch Aspekte wie Animation und Vfx sind hier einbezogen.

13.7.05

Kein ein

Fundsache bei Spiegel.de:

"Er wirft den Niederländern vor, die Blauhelme hätten seinen Bruder mit dem Argument von der Uno-Basis verwiesen, er habe keine eine Identitätskarte der Vereinten Nationen."

"Keen een" auf Niederdeutsch. Ich vermute, dass es das in niederländischer Grammatik auch gibt. Es wird wohl eine wörtliche niederländische Übersetzung ins Deutsche sein.

Vielleicht sollte sich Spiegel.de mit seiner Sprachpflegekolumne in Tradition des unerbittlichen österreichischen Lektors vom Dienste Karl K. etwas zurücknehmen. Peinlich ist vor allem, wenn der "Zwiebelfish" den Netznutzern vorschreiben wil, was gute und richtige Email-Konversation zu sein habe und verkehrsfremde Regeln etabliert. Auch Spiegel.de ist sterblich - aber das wissen wir ja schon lange.

24.6.05

Saddam und andere Zootiere

"Saddam ist müsli-süchtig" titelt die B.Z. und weiter "Er sei versessen auf Rosinen-Müsli von "Kellogg's". Jede andere Sorte lehne er ab, sagte einer der 5 Soldaten, die ihn 9 Monate bewachten.". Offenkundig haben die PR-Fachleute, die solche Nachrichten über Fressi-Fressi bei Saddam streuen, nicht an besorgte Tierschützer gedacht. Dazu passt auch der hier.

22.6.05

Tageszitat

"Längst nutzen nicht nur Computerfreaks das Internet."

Aus der 'Technology Review' vom Heise Verlag, der auch die Telefonbücher und die C't rausgibt.


19.6.05

Die wichtigen Dinge im Leben von Frau Wallströn

"A very important event happened yesterday: The Commission put a white band around the Berlaymont to show its support for the Global Call to Action against Poverty campaign. It might not sound like much but on a day when the Council was meeting to discuss the Constitution and the Budget this was a powerful statement to make."

meint EU-Kommissarin Wallström. Passend kommentiert einer:

If that is what Margot Wallstrom, Vice-President of the European Commission, Inter-institutional Relations and Communications Strategy thinks is a very important event, God help us all.


Offenkundig meint Frau Wallström mit einem politischen Themenwechsel die Kritik an der Verfassung besänftigen zu können. Die "mindere Demokratie" (Spiegel) benimmt sich jedoch bei diesen Aufgaben genauso ineffizient wie man es bei anderen Themen erwarten kann. Mit weißen Bändern Armut zu reduzieren, politisches Handeln mit Pr und Sonntagsreden zu verwechseln, das sind Methoden der politischen Klasse in den Ländern, in denen Armut herrscht. Die EU beherrscht diese Methoden auch. Themen sind zweitrangig und werden auch gewechselt, wenn es gilt institutionelle Schieflagen zu verteidigen. Selbst eine Berufskommunikatorin der EU wie Wallström scheint unfähig die paternalistische Haltung aufzugeben.

10.6.05

Westerwelle gegen deutschen Sitz

Nach der Seite Tech Central Station (achtung, eine amerikanische PR-Schleuder der übelsten Sorte in der Hand der DCI Group) lehnt der Herr Westerwelle von der FDP einen deutschen Sitz im Sicherheitsrat ab. "As for the current German government's campaign for a permanent seat on the UN Security Council, Westerwelle made clear that "the most prudent solution would be a European seat" instead of enlarging the body to include a third European country after France and Great Britain, who are both veto powers."

29.5.05

Französisches Nein zur EU-Verfassung

Vermutlich mit "Non" haben die Franzosen zur EU-Verfassung gestimmt. Im Bundestag dagegen bekam sie Mehrheiten, die fast wie ein Fehler klingen, der "Chor der Ahnungslosen" wie Kritiker monieren. Gibus drückte Optimismus aus. Ich persönlich finde die Verfassung schlecht, weil sie kein Produkt für die Ewigkeit ist und eine wenig liberale Handschrift trägt. Das Europäische Parlament erhält zu wenig Vollmachten, der Ministerrat ist zu stark. Politische Ziele haben meiner Ansicht nach nichts in einer Verfassung verloren. Ob ein Nein der Franzosen das Europaparlament stärken wird oder vielmehr die Kräfte um so stärker zu seinen Ungunsten verschiebt, werden wir sehen.

Stellungnahme

Uih, die arme Literaturbüroliteratur. Jetzt erfindet sie gar ihre eigene reaktionäre Version des Bloggens wieder neu. Unter dem Stichwort "Netznotizen" (gute Übersetzung) schreibt Stipendiat Th. Meinecke (im "schwer vermittelbaren Alter") seinen Senf über alles, was er in der Zeitung (jupp: Netzquellen - von wegen!) liest oder als Zeitzeuge in unserer Zeit zur Erzeugung von Zeug bezeugt. Jung Meinecke, der Senfbote, wird da folgendermaßen eingeführt:
Als Zeitzeuge kommentiert er mit seinen Texten das Zeitgeschehen und bezieht Stellung. Er besucht zudem die Häuser in Braunschweig, Göttingen, Hannover, Lüneburg, Oldenburg und Osnabrück, tritt dort auf, liest die örtlichen Zeitungen, sieht sich um - und was er bei uns liest und erlebt, fließt in seine Texte ein: aktuell wie das Netz selbst und höchst subjektiv.
Ich schnappe "höchst subjektiv" auf, dass wir den literaturbürostigen Schreiber "Stellung beziehen" lassen und ich denke mir, hmm, warum solche Phrasen, hmm, aber - in der Tat - T.M orgelt nett stalinistisch auf der Sprache rum:
Montag, 23. Mai 2005 In der Wochenendausgabe der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung finde ich einen Bericht über die Eröffnung des neuen Terminal 1 des sich auf beschränktem Gelände und erstaunliche Weise immer wieder als erweiterungsfähig erweisenden Hamburger Flughafens Fuhlsbüttel, in dessen altem Abfertigungsgebäude, dessen langgezogener Schalterhalle, ich 1966 bis 1969, als elf- bis vierzehnjähriger Junge, mehrmals wöchentlich ein- und auszugehen pflegte.
Geh aus, mein Herz und Kerz! Aus der Wikipedia erfahren wir über über seine Lebenspfade:
Thomas Meinecke (* 25. August 1955 in Hamburg) ist ein Musiker, Autor und DJ. 1977 ging er zum Studium nach München und lebt seit 1994 in einem oberbayrischen Dorf in der Nähe von Wolfratshausen.
Hamburg - München - Nähe von Wolfratshausen (Oberbayern). Un jetz ins Netz.

Ernst Corinth, kein von mir geschätzter Telepolis-Journalist, kommentiert den Ausflug ins Netz treffend:
Wie das Projekt sich weiterentwickelt, ist auch aus der Sicht des Autors noch völlig offen. Man kann nur hoffen, dass die zukünftigen Netznotizen spannender oder wenigstens interessanter werden und dass sie sich vielleicht auch mal mit dem Medium auseinandersetzen, in das sich der Suhrkamp-Autor nun einmal begeben hat. Bisher jedenfalls wirken seine Notizen bemüht, wie eine leidige Pflichtaufgabe, was sie ja vielleicht auch sind.
Wobei Corinth weit ausholt:
Was man zudem vermisst, ist die Möglichkeit der Leser, die Texte zu kommentieren oder über sie zu diskutieren. Zwar ist für die Veranstalter die Netzseite ein "virtueller Veranstaltungsort", den sie erstmals gemeinsam "bespielen". Aber das ist natürlich kein Grund, die interaktiven Möglichkeiten des Netzes so beflissentlich zu ignorieren – inhaltlich wie formal.
Das wäre doch zuviel verlangt. Die Bosheit des Netzes ist, dass wir "höchst subjektiv" kommentieren - ob sie ihre Spielwiese uns lassen oder nicht. Corinth kommentiert in TP, ich besenftige das Projekt hier mit meinen bescheidenen Mitteln, beide Kommentare bequem einen Klick von Google entfernt. Dass man den Ernst nicht immer Corinth nehmen darf, zeigt der folgende Aufruf zur Literaturweltrevolution:
Oder gibt es da doch noch ein Literaturverständnis, das noch nicht auf der Höhe der Internetzeit ist oder das Angst davor hat, den Leser auch zu Wort kommen zu lassen?
Böse, böse. Da will er die Grundfesten der Literaturbüroliteratur erschüttern. Aber es wird ihm nicht gelingen.

27.5.05

Poster Boyl

In den Vereinigten Staaten ist derzeit die politische Behandlung im letzten Jahr getöteten Vorzeigesoldaten Tillman ein großes Thema. Die Eltern des prominenten Kriegsopfers haben der Armee vorgeworfen seinen Tod durch freundliches Feuer im letzten Jahr vertuscht zu haben und ihn als Kriegsheld zu inszenieren und damit zu entehren. Tillmann war ein bekannter Sportler, der sich aus ideellen Gründen zur US Armee gemeldet hat. Die Gegenposition zur Klage der Eltern vertritt dieser Leserkommentar eines Armeeangehörigen.
[Sie haben in Vietnam und anderswo Angehörige falsch infomiert] ...because it was easier than explaining to families what really happened.
Wie viel Wahrheit darf man vertragen, wenn es um militärische Dinge geht? Gerade in der amerikanischen Demokratie wird die Schlacht offenkundig an der Heimatfront geschlagen, derzeit kippt wohl die Stimmung. Ich habe ich mich ja immer gewundert, warum die Öffentlichkeit in den Staaten diesen Kriegspathos aushält oder warum man Militär dort nicht so nüchtern darstellt wie bei uns. Die Stimmung kann schnell in das genaue Gegenteil umschlagen.

10.5.05

Nehm's Lessig mit der neuen NIN-CD

Lessig erwähnt die neue Nine Inch Nails CD in seinem Blog. Ich habe unabhängig von dem Posting schon vor meinem Lobbyingaufenthalt in Brüssel letze Woche hereingehört. Ich bin und war ein großer Bewunderer der Remixes aus der Fabrik Reznor und Freunde, muss aber gestehen, dass meine ohrenbezogene Schmerzschwelle für diese herausfordernd harten Kopfmusikkaleidoskope sich mitterweile in Grenzen hält. Ich warte also lieber auf die Remix-CD. Das ist wie nach Matrix 3, da fühlte ich aus dem Kino gegangen eine ungeheure Sehnsucht zum simplen deutschen Heimatfilm. Winnetou durch Jugoslawien und ein bisschen rühriger Kitsch, Lust an der einfachen Story, schwer zu erklären, aber das Pendel schlägt zurück bei so viel brachialer Special Effects Gewalt.

26.4.05

Das geJAUCHe der Süddeutschen Klassenlotteristen

Heute morgen rufen mich mal wieder die Süddeutschen Klassenlotteristen an. Diesmal ein eher wenig professioneller Antelefonierer in gebrochenem Deutsch, wohl aus einer Kneipe. Wie immer, die zweite Frage, ob ich Herrn Jauch kenne, aus dem Fernsehen. Nö, will ich auch gar nicht kennen lernen. Outbound-Anrufe dieser Art sind unseriös, sind unlauter. Den Ruf des Herrn Jauch mit der gefühlten Seriösität ziehen diese Leute nur für mich in den finsteren Keller. Aber wer steht denn eigentlich hinter dieser Bauernfängerei am Telefon? Ich erinnere mich noch gut wie mir als BW-Spendensammler für die Kriegsgräberfürsorge ein Bürger auf dem Weg gab, ich solle meinem Herrn Kommandanten mal einen schönen Gruß von ihm bestellen, und... also, grüßen Sie mal... Hat wohl kein Sinn den Leuten Vorwürfe zu machen, die ihren Job machen und einfältige Bürger in die JAUCHegrube locken. Auch in Wilhelmshaven ist Arbeit im Call-Center eine der wenigen Wachstumsbranchen in meiner von Arbeitslosigkeit geplagten Stadt. Die Arbeitslosigkeit weckt Sympathie für den Telefonterrorismus.

Beim letzen Mal hatte ich einen Vollprofi am Telefon. Der erklärte mir, dass das ihm das ja leid tue, aber das Bundesverfassungsgericht wolle das so. Das habe nämlich festgestellt, dass die Praktiken legal seien. Na, wenn die das schon sagen, und der liebe Herr Jauch im Fernsehen auch dafür ist :-)

23.4.05

Oh je!

Da werden in Blogs sogar Hinweise auf Passwords geleakt. Wo wir schon bei Bruchstücken wären. Heute beim EMAF gab es eine Präsentation über eine Art Multimediapuzzleprojekt um Peter Greenaway (?), nie den Namen gehört, aber das Prinzip dieses personifizierten Kunstvirus scheint zu sein, dass alle Künstler die einen Teil seiner Multimediaarbeiten kollaborativ verwirklichen, gestalten, beisteuern etc. den Meister preisen und ihrerseits multiplizieren und infizieren. Zitat des EMAF: "Mit "The Tulse Luper Suitcases" (TLS) erweitert Regie-Altmeister Peter Greenaway die Grenzen des Mediums Film. Film soll sich nicht länger auf den bloßen Celluloid-Streifen beschränken, sondern alle verfügbaren Medien auf unterschiedlichsten Ebenen vom Buch bis zum Internetportal in einer eigenen neuen Welt zusammenführen." *hübschkunstgesülzt*. Interessanterweise macht sich der Herr G. so wichtig, dass der EMAF-Besucher sogar Karten für einen "Live Talk" mit dem "Meister" ordern muss und das abgehoben vom ordinären Festivalprograms läuft.

Oh je!

Ich habe mir ein Glas Wasser über meine Tastatur geschüttet gestern abend. Seit heute ist sie auch defekt, kein Wunder bei dem brackigen Wasser aus der Leitung, Buchstaben gibt es jetzt doppelt oder sie reagiert gar nicht. Z.B. beim "n". Da kann ich mich nicht einmal mehr einloggen. In WHV liegen gottlob meine Ersatzklaviaturen und Notebook geht auch.

19.4.05

Der Ratzinger wird Vater

Die Katholiken haben einen neuen Papst, den wohlbekannten bayrischen ex-Kardinal Joseph Ratzinger (spricht der Süddeutsche wie Rad-Singer). Die deutsche Presse kommentiert das kühl, offiziell, freundlich bis hämisch. Siehe zum Beispiel auch meine Lieblingszeitung, die Financial Times Deutschland. Wo ist der kühne BILD Papstpatriotismus ("Wird ein Deutscher neuer Papst?") hin? Sind Bayern keine richtigen Deutschen, wenn sie zulange im Vatikan leben? Hans Küng freut sich riesig über die Wahl des einstigen Professorenkollegen ("Riesenenttäuschung"), will ihm dann aber wieder "eine Chance geben", nach dem er ihm lt. Meldung vom 13.4. bei der Wahl kaum eine Chance eingeräumt hat.

Und ich muss zu meiner Schande (?) gestehen, dass ich nicht einmal den Namen meines zuständigen evangelischen Bischofs kenne. Für uns ein reiner Verwaltungschef, ein Kirchenbonze - so wichtig für mich als Protestanten wie der Name des Vorsitzenden des ADAC für die Autofahrer, den ich auch nicht kenne. Da hat es ein katholischer Kirchenmonarch doch ungleich besser. Wenn der etwas äußert, ist es nicht nur Meinung, sondern hat gleich Autorität für die Gläubigen. Wir Lutheraner brauchen dafür immer unser eigenes Gewissen... Da hat man es schwer mit der "Geschlossenheit".

So sei denn als mein evangelisches Grußwort an den neuen "Heiligen Vater" das Bibelwort Jesu nach Matthäus 23 (Elberfelder Bibel) beigegeben:
23,9 Ihr sollt auch nicht [jemanden] auf der Erde euren Vater nennen; denn einer ist euer Vater, [nämlich] der im Himmel. 23,10 Laßt euch auch nicht Meister nennen; denn einer ist euer Meister, der Christus. 23,11 Der Größte aber unter euch soll euer Diener sein. 23,12 Wer sich aber selbst erhöhen wird, wird erniedrigt werden; und wer sich selbst erniedrigen wird, wird erhöht werden.


So sei denn zu hoffen, dass Erniedrigung und Erhöhung, die der "Heilige Vater" in der Berichterstattung erfährt, nunmehr wundersam ausblanciert werden, und die gläubigen Katholiken von ihm positiv überrascht werden. Er wird ihnen wohl eine Chance geben.

5.4.05

Margot Wallström Blog

EU Commissioner Margot Wallström introduces a new policy style of the European Commission. She is the first Commissioner with a webblog. It is amazing to see these internet tools embraced by her. I am convinced that the internet and Webblogs in particular are a great tool to reduce power distance, improve transparency and flow of information and get those unknown Commissioners introduced to a wider audience. We have to change the undemocratic diplomacy style of the EU with its baseless talks about general agendas (*). A German proverb says: "Public attention is the death of the King". While Sweden is still a monarchy their high transparency standards are a great cultural advantage which give citizens a greater say. Wallström is Commisioner for "Institutional Relations and Communication". Barroso created this post in order to improve the way they communicate 'Europe' to citizens. Unfortunately such a communication job has a bad reputation, just think of the unpolitical Europe Information Centers and EU-funded Initiatives which hand over blue ballons to children: Europe from above. You cannot communicate your European interests to press speakers and information campaigns. Wallström takes her job serious and could make a difference.

(*) It was amazing to me to listen to recording of Charlie McCreevy's pathetic speech at the Judicial Affairs Committee (2005-02-02) . A great classical rhetorical failure. The new Commissioner provoked a working group of EU-Parliament with a cloudy talk and faced substancial criticism.

It is a pleasure for me to be here today before the Legal Affairs Committee. This is my first time. And I hope that I will be invited back – not once, but many times. Your committee is at the heart of my work as Commissioner responsible for the internal market and services. It has been some two months since I started as Internal Market Commissioner. It is a fascinating job and I am learning every day. Without pretending that I know it all, let me offer you some initial views as to how I see the future of the Internal Market over the next few years, in particular in the areas you are responsible for, company law and intellectual property.


or
First, we must place greater emphasis on correct implementation and effective application of Internal Market rules. Legislating is not just about making laws – it is about making laws work.


The main paradoxon of parliamentarism: Parliament is not a debate club as critics say. In dictatorships with no working Parliament representatives of the executive branch usually hold broad and cloudy talks about "humanity" and high moral values while slaughtering people or doing nothing to improve living conditions.

4.4.05

Scott Ritter: USA wollen Iran bis Juni 2005 in die Knie zwingen

Der ehemalige UN-Waffeninspektor Scott Ritter verkündet auf dem kommerziellen arabischen Al-Jazeera Netwerk, die USA planen einen Angriff auf Iran ab Juni 2005. Grund sei das iranische Atomprogramm, das nur ein Jahr von der Bombe entfernt sei. Juni 2005 sei die deadline für das militärische Eingreifen, eine deadline, die im Falle Nordkorea verstrichen war. Entsprechende Bekenntnisse der US-Aussenministerin zur EU-Diplomatie seien nicht ernst zu nehmen. Scott Ritter beruft sich auf Informationen aus dem letzten Präsidentschaftswahlkampf. Ein diplomatischer Versuch von Ritter mit dieser bush-kritischen Offenlegung den Iran zum Einlenken bei den Atomwaffen zu bewegen oder ein Hiobsbotschafter, der sich wichtig machen will oder ein Inspektionsregime mit starker Rolle für die Waffeninspektoren (wie auch er einer war) erreichen möchte?
But, based upon history, precedent, and personalities, the intent of the United States regarding Iran is crystal clear: the Bush administration intends to bomb Iran.

Whether this attack takes place in June 2005, when the Pentagon has been instructed to be ready, or at a later date, once all other preparations have been made, is really the only question that remains to be answered.

Wir sehen hier einen unerwarteten Seiteneffekt der Irakeroberung: Die Drohung mit einem militärischen Angriff ist deutlich glaubwürdiger. Israel habe bereits einen Angriffsplan, würde aber lieber die USA zusammen mit den Europäern eingreifen sehen um Verwerfungen in der Region zu vermeiden, so Ritter. Interessanterweise behauptet er aber eine Meinungsverschiedenheit über die EU, während die Vereinigten Staaten

despite recent warm remarks by President Bush and Condi Rice, the US does not fully embrace the EU's Iran diplomacy, viewing it as a programme 'doomed to fail'.
sei die israelische Diplomatie aufgeschlossener.

'The way to stop Iran', a senior Israeli official has said, 'is by the leadership of the US, supported by European countries and taking this issue to the UN, and using the diplomatic channel with sanctions as a tool and a very deep inspection regime and full transparency.'

It seems that Tel Aviv and Washington, DC aren't too far removed on their Iranian policy objectives, except that there is always the unspoken 'twist': what if the United States does not fully support European diplomatic initiatives, has no interest in letting IAEA inspections work, and envisions UN sanctions as a permanent means of containment until regime change is accomplished in Tehran, as opposed to a tool designed to compel Iran to cooperate on eliminating its nuclear programme?


3.4.05

Russen und andere Deutsche

Der Spiegel Online schreibt einen Bericht über Aussiedler in der Region Cloppenburg, in Osnabrück sind die Befindlichkeiten ähnlich. Seltsam, dass wichtige Sachen durcheinander gewirbelt werden. Aussiedler sind Deutsche, auch wenn sie in der hier postulierten Generation Zwei häufig wie Russen erscheinen. In Russland wurden sie als Deutsche diskriminiert. In Deutschland klammern sie sich an eine russische Identität. Seltsam, aber ich sehe keine Veranlassung einen Deutschen deshalb als Russen zu bezeichnen.

2.4.05

Severe power abuse of the EPO

On the international level we often face a situation that basic principles of good governance are dropped. One of these principles is the Separation of Powers (de Montesquieu). 30 March the EPO lobbied the European Parliament, an "EPO Information Day" at the European Parliament. I know that such a kind of pratice is quite common, esp. in the field of development policy and during the transition of new member states from Eastern Europe. But we do not have to accept common malpratice. It is strange but on the international level we have to fight for basic governance principles and rights we already took from the crown centuries ago. The EPO lacks a mandate to lobby the lawmaker or Parliament. Normative development of law exceeds the competence of this institution. Alain Pompidou's action fits very well to the pattern of a "horse rides rider" scenario. We have to be very concerned about this development. Shall I add that Mr. Sant from the EPO who organised the meeting was reluctant to answer my letter to him? Instead of solving the problems caused by the EPO and bowing down to the democratic will the EPO tries to influence the lawmaker and exceeds its competence. In his presentation Alain Pompidou describes the role of the EPO like this

The EPO manages the workflow from idea to invention, from invention to innovation
and from innovation to the market place"(Alain Pompidou)

This is not true. The EPO is responsible for granting patent applications only. And he further adds general reasons why he believes patents were important:
  • patents are the most important transmission belt for the transfer of technology
  • patents constitute the largest technology data base: They make technology transparent and inform about technical progress
  • patents reward investment into innovative solutions: they secure return oninvestment
  • patents support economic growth and employment
I can partially agree with him, but I do not believe that it was the role of Mr. Pompidou to promote a specific legal system or tell Parliament why it was important. Mr. Pompidou's organisation is just a body who professionally examines patent applications and grants them. It is not his/their role to educate us or the lawmaker why they were good or bad. It is not the role of the executioners to tell us why or whether to apply death penalty. From an economist's viewpoint patents are nothing more than an incentive system. They are used as an instrument of economic policy, restrict the free market in order to reach certain effects. Such a sober view has nothing in common with superficial arguments Pompidou puts forward.

Other remarks of Pompidou relate to the Lisboa process, a kind of vapour EU strategy for the "most competitive and innovative" economy of the world. Pompidou tries to introduce general effects magically associated with patent law and breaks the instrumental view. But regarding the EPO's self-interests he draws back to a servile point of view, spreading the fiction that the EPO just obeys to the law.
The EPO has the task to grant patents in all areas of technology. It has to apply the provisions of the European Patent Convention in all cases. Dealing with computer-implemented inventions we have to implement the EPC, and the case law developed by the independent judiciary of the EPO.
He is 100% right, but many scholars e.g. Prof. K.F.Lenz strongly criticised the current EPC interpretation of the Technical Board of Appeal. (for English readers: Lenz concludes that the Technical board of Appeal exceeded its competences with its reinterpretation of EPC 52.2 and the 52.3 "as such"-clause). Many European Courts did not follow the EPO line but the EPC. The EPO has to implement the EPC, and EPC 52.2 excludes programs for computers from patentability.

While the EPO is not in the position to change the law or the EPC but bound to it, the lawmaker is free to stop legal escape. Formally case law and the opinions of the EPO are irrelevant for that decision. Pompidou admits:
If the law is changed, or new law introduced by the legal system of the EU, the EPO will adjust its own law accordingly.
But if it was so, why does the EPO lobby Parliament? The EPO and Mr. Pompidou have to abstain influencing the lawmaker.

Mr. Pompidou denied that there were software patents. The general public including MEPs know it better, and the GAUSS-extracts from the "largest technical documentation database" prove us the opposite. Empirical evidence that cannot be denied, so Pompidou did it anyway. Previous to the EPO lobbying event the FFII wrote a nice warning letter to MEPs where Jonas Maebe took a similar position:

The EPO lobbying politicians to promote software patents is a bit like
some Department of Housing promoting the handing out of more building permits. We hope our letter and its annexes can give MEPs more balanced information than the EPO's simplistic oneliners like "Idea + Patent = Innovation". Economic policy making should not be based on unfounded claims by the EPO and emotional pleas by its largest customers, but on sound economic evidence and the desires of the involved sectors as a whole.

Spektakulum

Marc Gelhart, ein ganz und gar Theaterversessener, der mit mir zur Schule gegangen ist, mailt mir, dass Bilder zu einer Aufführung "Spektakel in't Huus" nun auf seiner Homepage zu finden sind. Na Marc, machen weiße Hemden bei Dir wie auch bei mir etwas fett oder hast Du Dir ein wenig Winterspeck angefressen? Marc wird die Rolle von Georg Peters übernehmen, seines Zeichens Verkaufsleiter der Lehmann-Luxus-Heim AG. Am 16. 4 ist Premiere, ich vermute mal in Wilhelmshaven. "AG" meint wohl Aktiengesellschaft, nicht "Antigua". Aber deutsche Gerichte nehmen das ja bekanntlich nicht so genau.