Microsoft hat ernste Probleme im Bereich Public Affairs. Gewöhnlicherweise streuen sie im Lobbying recht breit, selten mit gutem Händchen (siehe EU-Debatte, Hunzinger, usw.). Kernproblem ist aber eine latent feindselige Stimmung gegen den Softwarehersteller, die von zivilgesellschaftlichen Akteuren immer wieder als Massenkristall bedient werden kann. Sibold gab schon vor Jahren an, das Problem sei nicht mehr die Technikfreaks zu inspirieren. Siehe z.B. auch Manager Magazin. Gravierender scheint aber die Abneigung unter den eigenen Kunden zu sein. "Die Journalisten hassen ihre Lieblingstextverarbeitung". Auch bei der Debatte auf europäischer Ebene standen Microsoft-Verschwörungstheorien bei der Presse hoch im Kurs. Manchmal hatte man den Eindruck, dass sich schlechtere Lobbyisten die beste Mühe machten, konspirologischer Paranoia gerecht zu werden. Eine Garde von hirnlosen hired guns nährte berechtigte Emotionen. Weil die Öffentlichkeit bei MS besonders hinschaut, sind Rohrkrepierer und desaströse Lobbyaktionen häufig. Es kann auch sehr unterhaltsam für Beobachter sein.
Nun lese ich in der Online-Presse (Spiegel, Heise), dass eine Veranstaltung für MS von Pleon (sehr professionelle PR-Agentur) von Grünen Nachwuchspolitikern für ihre Zwecke instrumentalisiert wurde. Siehe auch das Blog Netzpolitik. Es geht um Berlin, dort hatte der Senator Harald Wolf (Kommunist) schon einigen Wirbel mit dem Abgeordnetenhaus gehabt. Linux in der Verwaltung wird heiss und kontrovers diskutiert, manche Politiker wünschen eine Migration auf die alternative Plattform, so auch die Grüne Jugend. Und Microsoft setzt ein massives Lobbyaufgebot dagegen, das nicht selten Gift für nahestehende Politiker ist. Sehr dick aufgetragen sicherlich den Vorgängersenator Branoner in den Bereich Public Affairs zu holen... Auch die ungeschriebene Lobbyregel Abstand von Kommunisten zu wahren, wurde beim Wirtschaftssenator notwendigerweise durchbrochen. Harald Wolf wurde in den letzten Jahren eine intensive Aufmerksamkeit durch die Lobbymaschinerie geschenkt. Die FDP machte Krawall im Senat letztes Jahr als der Senator Befindlichkeiten erregte, die Medien berichten ätzend. Der nächste Public Affairs GAU bahnte sich schon damals an.
Auf den Bildern, welche die Gegenveranstalter schossen, sieht man, dass MS-Lobbyisten die Nationalisierungsstrategie fahren. Microsoft soll als deutsches Unternehmen in Deutschland wahrgenommen werden. Dazu muss natürlich auch lokales Engagement demonstriert werden. Solche Überlegungen kursierten auch in Lobbyingkreisen in Brüssel. Meiner Ansicht nach verfehlen diese Anstrengungen aber den Punkt, weil ihre Analyse falsch ist.
Man sieht auch den allgemeinen Trend, dass herkömmliches Lobbying durch unerwartete kreative Aktionen Dritter an seine Grenzen geführt wird und sich wandeln muss. Hände aber weg vom Astroturfing!
19.8.05
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