Als ich weg war habe viel Post bekommen, u.a. Einladung von der WIPO, der Friedrich Naumann Stiftung, Post von der EU DG Internal Market und das Magazin der Böllstiftung "Böll Thema".
Axel Harneit-Sievers schreibt in einem kurzen Artikel über den nigerianischen Film: "Nollywood liebt langsame Inszenierungen, die von kurzen Actionszenen mit drastischen digitalen Effekten unterbrochen werden." - wie treffend!
Der Filmemacher Wim Wenders plädiert für Filmförderung und überfährt seinen Interviewer Ludwig Amman gleich zu Anfang mit der hohen Schule der Diplomatie: "So wie Sie mir die Frage stellen, kann ich sie nur als gequirlten Mist einstufen. ... Ihre Unterstellung, wir wollten "Kultur verbreiten", klingt ja schon zum Kotzen."
Wie erfrischend undiplomatisch in unserer glatt-gewischten politischen Gesprächskultur. Ich muss zugeben, die rechte Art sich Freunde zu machen, aber manchmal geht es halt nicht anders. Bravo!
"Gequirlten Mist" schreibt auch Prof. Peter Sloterdijk (ich erinnere mich an ihn als einen Riesen vom Weltgipfel in Genf, der selbst bei hohen Decken immer den Kopf einzieht) in seinem Text "Fünf Topoi und ein Versuch, uns unsere Zeit zu erklären" auf Seite 4. Brüller: Ihm wurde lt. S. 7 ein Preis für "wissenschaftliche Prosa" verliehen. Ehemm. Sloterdijk neuschöpfelt die Kulturimperialismusthese nunmehr als "reine Kolonialisierung", "bei der die Seelenformen anderer Kulturen von Grund auf durch eine Art kulturellen Kidnapping transformiert werden.". "Kulturmodelle ...werden nicht kommunikativ anderen Völkern oder Personen mitgeteilt, sondern im Modus einer infektiösen Mimesis in den anderen Kulturraum injiziert.", die "mimetische Injektion". Soso. Noch eine Kostprobe: "Globalisierung, wie wir sie philosophisch verstehen, beruht auf der Tatsache, dass heute diese Erdkugel in die Mitte unseres Weltbildes tritt und dabei schwankt zwischen Verdampfung und Vernichtung mittels neuer Weltentfernungs-, Distanzentfernungs- und Realitätsentfernungstechniken, die wir in Gestalt der Computertechnologie bedienen, und der Wiederkehr des Realen als Erde, welche unser kosmisches Exil darstellt." Welche Substanzen muss man "einwerfen" in das sinnentleerte postmoderne Subjekt, als eine Art Behälter potenzierter geistiger Umnachtung, um den narrativen Strukturen des P.Sloterdijk Gehalt im Ungehaltenen zu verleihen ohne selbst die Mimesis an die sprachliche Schlachtung der verstrahlten Vielfalt zu vollziehen?
Prof. Rainer Kuhlen schreibt mit üblichem Dualismus und reproduziert verschiedene linke Vorurteile zur Debatte um das "Geistige Eigentum" bei der Unesco. Dabei unterläuft ihm auch ein etwas leichtfertiger Umgang mit Begrifflichkeiten, der mit einer liberalen Argumentation wenig gemein hat. Er erwähnt zwar die Unesco-Bestrebungen, nicht aber den a2k-Vertrag, der weitaus bessere Chancen international hat. Wenn ich auch nicht alle Vorraussetzungen teile ist Kuhlen ein sehr interessanter Akteur auf wichtiger Mission. Und Bölls Olga Drossou schreibt einen Hurra-Google Artikel über die Digitalisierung von gemeinfreien Werken. Private Projekte wie das uralte amerikanische Projekt Gutenberg unterschlägt Olga leider. Sie spricht die Probleme der Interoperabilität und Offenheit von Formaten bei e-Texten an. Gut, dass es Erwähnung findet.
14.8.05
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