SPIEGEL ONLINE: Was halten Sie von einem sofortigen und kompletten Rückzug der US-Truppen aus dem Irak?
Holbrooke: Es gibt null Möglichkeit für solch einen Rückzug unter Präsident Bush.
SPIEGEL ONLINE: Wie ist es aber später, unter dem nächsten Präsidenten, ...?
Holbrooke: Mit dem nächsten Präsidenten... wird es sicher eine Form des militärischen Absetzens von der Schlacht um Bagdad geben. Nennen wir es Disengagement statt Rückzug.
SPIEGEL ONLINE: Was bedeutet das?
Holbrooke: Mit Disengagement meine ich, dass man Truppen aus Bagdad und der Umgebung zurückzieht.
Eine interessante Einschätzung gibt es von Richard Holbrooke auch zur Türkei-EU-Frage:
Holbrooke: Ja, Europa braucht die Türkei und sollte sie nicht wegdrücken hin zu extrem-islamistischen Staaten wie Iran oder vielleicht Irak.
Wenn eine Frau C.Roth das gleiche Argument benutzt, grinsen wir gelangweilt. Ich muss zugegeben, dass mich dieses Argument etwas irritiert. Und zwar nicht wegen der EU-Frage, sondern aufgrund der Einschätzung der Türkei. Ist denn islamischer Fundamentalismus ein Problem in der Türkei oder vielmehr ein überlebter Kemalismus mit etlichen Leichen im Keller? Man sieht sehr klar dieses Denken in religiösen Fronten bei Holbrooke. Man sollte sich Gedanken machen, wie wenig die Türkei mit Staaten wie Saudi-Arabien oder Iran gemein hat. Mich würde auch wundern wie man die Türkei in den Irak drücken sollte. Ich erinnere mich, dass ein türkischer Honorarkonsul einmal betonte die Türkei sollte in die EU, damit Europa den strategischen Zugang zu den Turkvölkern erhalte. Auch das ein lustiges Argument. Demnächst kommt Herr Mehdorn und sagt, die Türkei muß in die EU um die Bagdadbahn von Berlin aus bauen zu können. Ganz zu schweigen vom Landweg nach Indien und der Sicherung der Kreuzfahrerrouten ins Heilige Land... nicht zu vergessen als strategische Rückzugsgebiete der Irak-Truppen... Geostrategie ist die komische Kunst des weils.